Lagaunspitze - 3442 m
Winterliche Bergtour im Schnalstal
(November 2004)

Der Salurn-(oder Saldur-)kamm in den südlichen Ötztaler Alpen steht völlig im Schatten der bekannten Weisskugel. Photo: Lagaunspitze // (c) oeg Mit dem Doppelgipfel Saldurspitze (3434 m) / Lagaunspitze (3442 m) und der vorgelagerten Ramudelspitze trägt er dennoch einige sehr lohnende Ziele, die nur selten bestiegen werden. Über dem Vernagt-Stausee fällt schon bei der Anfahrt ins Schnalstal die Lagaunspitze sofort ins Auge, die sich bei schönem Wetter malerisch im Wasser spiegelt.

Man blickt direkt auf die Ostflanke, die auf der rechten Seite vom steilen Ost- und auf der linken Seite vom leichteren Südostgrat begrenzt wird. Links des Gipfels erkennt man das flache Becken des südlichen Lagaunferners, über den sich der Gipfel im Frühjahr auch als lohnende Skitour ersteigen läßt.

Die Namensgebung ist in diesem Gebiet nicht eindeutig. Je nach Karte tragen die Gletscher die Bezeichnung Lagaun-/Lazaun-/Saldur- oder Salurnferner, und oftmals wird für alle Gletscher sogar der gleiche Name verwendet.

Das Wetter ist für diese Jahreszeit (3. November) ungewöhnlich warm. Dennoch haben hier die Neuschneefälle der vergangenen Woche für recht winterliche Verhältnisse gesorgt. Aufgrund der kurzen Tage ist ein nächtlicher Aufbruch notwendig. Bei fast Vollmondlicht ist der Weg von Kurzras zur Bergstation des Sessellifts auf der Lazaunalpe aber gut zu finden. Nach einer flachen urtümlichen Hochebene folgt steiles Moränengelände. Hier war heute auch die Schneegrenze. Bald ist alles in tiefstes Weiß getaucht, und der Sonnenaufgang sorgt für eine grandiose Morgenstimmung:

Photo: Morgenstimmung // (c) oeg

Der Blick fällt auf einen weiteren lohnenden Berg im Schatten der Weisskugel: die 3459 Meter hohe Schwemser Spitze - im Frühjahr ebenfalls ein erstklassiges Skiziel mit leichter Kletterei am Gipfelaufbau:
Photo: Schwemserspitze // (c) oeg
Die bereits beim ersten Morgenlicht aufkommenden Quellwolken verheißen nichts Gutes. Die Föhnlage ist sehr instabil.

Noch ist das Wetter brauchbar. Der Anstieg führt direkt an einem schönen Eisbruch im Lagaunferner vorbei:
Photo: Lagaunferner // (c) oeg
Den Gletscher selbst betritt man nicht. Von oben grüßt die Lagaunspitze herab. Links der verschneite Ostgrat. Die Schneehöhe beträgt an dieser Stelle bereits gut 50 cm mit einer nur teilweise tragfähigen Harschschicht.

Punkt 3151 im Ostgrat der Lagaunspitze ist erreicht.

Photo: Gipfelaufbau // (c) oeg

Das Wetter wird schlechter. Auf dem Foto sieht man vorne den Ostgrat, der nun im III. Schwierigkeitsgrat zum Gipfel führt. Links sieht man den Südostgrat, dem man im Abstieg aber nur ein kurzes Stück folgt, um bald nach links die knapp 45 Grad steile Flanke hinunter zu steigen und zum Gratabsatz zurück zu queren. Der oberste Teil der Flanke ist von hier aus nicht sichtbar. Die Schneehöhe im Gipfelbereich beträgt ca. 70 cm, stellenweise bis 1 m. Bei höherer Schneelage ist in diesem Bereich auf Lawinengefahr zu achten!

Der Anstieg mit Steigeisen über den verschneiten und vereisten Ostgrat ist schwierig und teilweise ausgesetzt. Die Felsen sind aber fest und bieten nun eine ausgesprochen hochalpine Klettereinlage. Bei sommerlichen Bedingungen wäre dies eine schöne Genusskletterei. Heute ist jedoch vollste Konzentration angesagt. Das Freilegen der Griffe und Tritte ist mühsam und zeitraubend. Aber immer wieder kommt doch noch einmal die Sonne durch, und die Mühe wird mit tollen Tiefblicken belohnt.

Vom Gipfel fällt der Blick auf die Saldurköpfe. Die etwas niedrigere Saldurspitze läßt sich über den Verbindungsgrat leicht erreichen. Der Übergang zu den Saldurköpfen ist schwieriger. Der Grat zur Saldurspitze ist heute stark überwächtet. Die Föhnwalze hängt direkt über dem Salurnkamm und sorgt jetzt für ausgesprochen unangenehme Verhältnisse:

Photo: Saldurköpfe // (c) oeg

Schon wieder dunkel? Morgendliche Abendstimmung auf der Lagaunspitze... - Die Fernsicht hält sich in Grenzen, ist bei gutem Wetter aber sicher sehr umfassend, da man sich auf einem hohen, vorgelagerten Punkt genau zwischen den Ötztaler Alpen und den Ortler Bergen befindet.

Photo: Föhnsturm // (c) oeg

Es reißt kurz auf. Der Blick wandert zurück über den Ostgrat in Richtung Stotz. Links unten die Lazaunalpe. Weiter unten ist auch die Seilbahnstation Kurzras zu erkennen. Vom 2887 Meter hohen Stotz ließe sich der genannte Gratabsatz auch in einer Gratüberschreitung erreichen.

Photo: Rückblick // (c) oeg

Die ersten Felsen am Südostgrat sind ebenfalls vereist und etwas heikel. Eine kurze Kaminartige Rinne (II) führt nach links hinunter in die Ostflanke. Es folgen ein paar nicht sehr steile, aber vereiste Platten, die nicht ganz einfach zu überwinden sind. Bei einem schmalen Absatz gibt es eine kurze Verschnaufpause, bevor es die Ostflanke in nun ziemlich tiefem Schnee hinab geht. Man erreicht bald flacheres Gelände und kann in einer etwas länglichen Querung mit kurzem Gegenanstieg den Gratabsatz 3151 m erreichen.

Noch einmal der schöne Eisbruch des Lagaunferners beim Abstieg von Punkt 3151 m:
Photo: Eisbruch // (c) oeg
Der Schnee ist mittlerweile etwas schwerer geworden. Das Vorwärtskommen wird durch die harte oberflächliche Harschschicht etwas schmerzhaft am Schienbein...

Die Lazaunalpe ist wieder erreicht. Die Anspannung läßt nach. Hier ist es endlich etwas freundlicher, und die Kleider können trocknen. Der Gipfel ist in Wolken. Ein Großteil des Anstiegsweges ist aber gut zu erkennen:
Photo: Anstieg // (c) oeg
Nach dem Eisbruch hält man sich links auf einer Art Rampe direkt in Richtung auf den Gratabsatz bei 3151 m. Im oberen Teil vor dem Absatz ist das Gelände recht steil und es müssen ein paar leichte Felsstufen überstiegen werden.

Am Vernagt-Stausee herrscht freundliche Spätherbsstimmung bei fast sommerlichen Temperaturen...

Photo: Wieder am Vernagtsee // (c) oeg