Skitour zum Bifertenstock - 3421 m

(3.Mai 2006)
Mai, Feiertag, was bleibt einem da anderes übrig, als auf Skitour zu gehen? Maibaum aufstellen! Familienpflichten! Mittagessen! - Ab auf die Autobahn, ins Land, wo es noch echte Währung gibt! Nicht ohne sich vorher beim Hüttenwart zu vergwissern, dass die Route auf einen der abgelegendsten Berge des Ländlis auch wirklich abgelegen ist. "Was wollen Sie denn da?" ...[umständlicher Erklärungs-Notstand]... "Ja, da können Sie schon hinein gehen, die Hütte ist nicht abgeschlossen".

Von der Autopiste Chur-Disentis bereits etwas abgelegen ist der Ort Brigels. Nach einigen Orientierungschwierigkeiten im Dorf (Vorsicht bei Nebel!) enttarnt sich in der Abenddämmerung ein unübersehbahrer Wegweiser "Alp Quader ->", daneben irgendsoein rotes Verkehrsschildli, keine Ahnung, Fahrschultheorie[...]. Ein paar Alphüttlis werden passiert. Ein paar mehr oder weniger geschmackvolle Lifthüslis, ein paar Schneereste, dann endet das Wegli vor einem größeren Alphüttli an einem eindeutigen Hinweisschildli, wo die widerrechtlich hochgefahrenen Fahrzeuge von Komfortbergsteigern zu parkieren haben! Augenscheinlich die Alp Quader. Nachtquartier unter Sternenhimmel mit ungewöhnlichem Panoramablick auf Süd-Graubünden. Ein Ratespiel fast wie beim Jauch: Wo is der Medel? Hinterm Ault? Vial was? Terri-li Terri-la!

Ohne Million im Rucksack geht's am nächsten Morgen in freundlichem Höhenweg-Ambiente hinüber zur Biferten-Hütte. Ein echtes Schweizer Original! Hier ist noch alles so, wie es sein sollte. Vor allem: es war schon lang keiner mehr da! Der richtige Ort also für eine erholsame Siesta.
Photo: Bifertenhütte // (c) oeg
Der Bifertenstock liegt gerade noch so im Blickwinkel, samt seiner Eisnase, die in der Sonne glänzt wie eine Weihnachtskugel.
Photo: Bifertenstock // (c) oeg
Der Weg dorthin führt über einen Gletscher mit Namen Limmerenfirn. Dorthin gelangt man über einen Pass mit Namen Limmerenpass und ein Band ...[Millionen-Frage an Jauch]... mit Namen Limmerenband. Aber auch das will erst einmal erreicht sein! Über ein paar kurze Couloirs zwischen ein paar Felsbänken hindurch. Die heißen nicht "Limmerenbänke" oder dergleichen! Also wieder ohne Million im Gepäck rüber zum recht harmlosen Gletscherli und hinauf zur Akademikerlücke (so heißt das Jöchli zwischen dem Bifertenstock und so einem kleinen Nebengipfel zum Hinter-Schiben). Über einen Felsgrat oder wahlweise einen etwas bodenlosen Schneehang gelangt man ohne wahrhafte Schwierigkeiten zum Ansatz der Weihnachtskugel. Ein Test mit dem C-M zeigt sogleich: auf Hochglanz polierte Chrom-Fläche! Das Anschlagen mit dem Eisgerät weckt Erinnerungen an das Glockengeläute von Notre-Dame. Zwei knappe Seillängen, dann wird es bald flach, und der Bifertenstock ist nicht mehr fern. Vom ehemaligen Gipfelkreuz steht dort nur noch ein Stümpfli.
Photo: Bifertenstock // (c) oeg
Photo: Bifertenstock // (c) oeg
Gegenüber am Tödi herrscht reger Andrang. Wieviele Personen bestiegen am 3.5.2006 den Tödi? Leider keine Millionenfrage! Doch mit derart erweitertem Fachwissen ausgerüstet war der Abstieg zur Akademikerlücke bald vollbracht. Die Zeit war eh knapp, denn das Limmerenband und die namenlosen Bänke darüber lagen unerwartungsgemäß schon seit einer Stunde in der Mai-Sonne und drohten damit, sich bald ihrer Schneelast zu entledigen. Also Schussfahrt über den Limmerenfirn {1 min, 16 sek, 37 hundertstl...}. Das ist weitab jeglicher Medaillen-Ränge, aber nach dem Gegenanstieg zum Limmerenpass und der kurzen Abfahrt zur Hütte war der Zeitplan wieder zufrieden.
Küche putzen, Betten machen, lüften, Boden fegen, Müll wegbringen - hier bewährt sich der echte Hausmann! Da das Hausmänner-Quiz noch nicht erfunden wurde (liegt seit Jahren unbeachtet im Patentamt...) muss die Talabfahrt schon wieder ohne Millionen-Beschwerung angetreten werden.
Photo: Bifertenhütte // (c) oeg
Der Schnee drohte im Winterschlussverkauf leider schon bald zur Mangelware zu werden. Einer plötzlichen Eingebung folgend trat ich den Gegenanstieg zum obersten der beiden Lifthüslis der Brigels-Skiarena an. Die letzten Reste des vielgeplagten Pistenschnees vor mir her schiebend konnte ich von dort bis zur Alp Quader hinunter glitschen. Gratis! Ohne Skitüreler-Ticket! Unterhalb der Alm ein Meer von Krokussen. Wieviele? Viele Millionen...
Photo: Alp Quader // (c) oeg